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Ghosts

 

 

 

 

Visions

 

Juni 2008

 

 

 

Autor: Jochen Schliemann

 

 

Nine Inch Nails

Ghosts I-IV

 

Politisch und ästhetisch schafft Trent Reznor mit „Ghosts“ eine kleine Revolution, musikalisch keine. Bald wird sie kommen, die erste nur im Internet und in Eigenvertrieb verkaufte Platte, die auch bei „Wetten, dass... ?“ und in den ,,RTL II News“ als Revolution angepriesen wird. Bis dahin entdecken die Pioniere dieser Entwicklung allein die neuen Möglichkeiten. Ohne Vorankündigung veröffentlichte Trent Reznor Anfang März mit „Ghosts“ ein knapp zweistündiges Instrumental-Album von Nine Inch Nails. Und angeblich hat er jetzt schon gutes Geld damit verdient. Der Gegenwert von „Ghosts“ liegt allerdings mehr denn je in den Ohren der Hörenden. „Halo Twenty Six“ (in dieser Form sind alle NIN-Veröffentlichungen gekennzeichnet) bietet nicht weniger aber auch nicht mehr als 36 schlicht durch nummerierte, instrumentale Sound-Fragmente im Nine-Inch-Nails-Stil. Keinen einzigen wirklichen Song, keine Zeile Gesang gibt es, was einige beim Hören dieser Platte mit den Schultern zucken lassen wird. Die anderen, es werden vornehmlich Fans oder ewige Musikentdecker sein, könnten glücklich werden. Denn sowenig diese Miniwelten eine Entwicklung in sich selbst aufweisen können, so atmosphärischer und liebevoller sind sie in Szene gesetzt: Auf dem Download des Albums gibt es zu jedem Track das stimmige Foto. Und auch das luftige Artwork des Tonträgers gibt dem Sound den Raum, der ihn zu mehr macht als einer Aneinanderkettung von Spielereien. Freuen werden sich zudem diejenigen, die auf die flächigeren NIN-Veröffentlichungen wie „The Fragile“ oder „Still“ stehen, auf denen immer mal wieder Instrumentals Zeit zum Atmen zwischen emotionalen Höhenflügen geben. Nur dass Letztere eben komplett fehlen auf „Ghosts“. Nicht ein Mal verlässt die Platte den Versatz-Charakter. Viele Klaviermelodien, Soundspielereien und Beats, die mal kratzig, mal leise daherkommen, finden statt, aber nichts wird zu Ende gedacht. Wer will, wird in „Ghosts“ trotzdem eine dramatische Steigerung erkennen. Aber letztlich bleibt diese NIN-Veröffentlichung musikalisch wie wirtschaftlich ein Experiment, das in einer Hinsicht geglückt ist, in der anderen nie mehr sein sollte als Fragmente und vor allem ohne das Internet gar nicht möglich wäre. Alles gute Nachrichten also. Und so wie es aussieht, markiert „Ghosts“ auch einen Wendpunkt in der Nine-Inch-Nails-Discografie. Die neue NIN-Single „Discipline“ wurde bereits wenige Tage nach „Ghosts“ ebenfalls zum Download auf nin.com bereitgestellt - für lau.

 

ANSPIELTIPPS Ghosts II, Ghosts 1 14, Ghosts 16

 

8/12

 

JOCHEN SCHLIEMANN

 

 

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