Presse-Archiv

NIN-Infos

Links

Updates

Gästebuch

Suche

Impressum

 

 zurück

Die Zitate sind im Buch auf den Seiten 209/10, 215-19 zu finden.

 "Pretty Hate Machine", das Album der Nine Inch Nails aus dem Jahr 1989, war ein ebenso unerwarteter Erfolg gewesen, wie es "Nevermind" zwei Jahre später sein würde. Die Musik, eine quälende Fusion aus Industrial, Goth und Synth-Pop, hatte Trent Reznor allein geschrieben. Er sang auch und spielte die meisten der Instrumente. In seinen Lyrics rezierte Reznor eine verlorene Liebe, geißelte die Häßlichkeit der Menschheit und sich selbst dafür, daß er am Leben war. Selbst Kurt, der normalerweise alles haßte, was populär war, hatte sich "Pretty Hate Machine" angehört und dazu Bemerkungen wie "Dieser Song könnte ziemlich gut sein, wenn kein Synthesizer drin vorkäme" gemacht.

Trent Reznor war eine seltsame Schönheit, knochig und bleich, mit tiefliegenden Augen und ebenso intensivem Blick wie Kurt - aber vollkommen ohne Kurts Unschuld. Er trug sein Haar lang und tief schwarz, so daß es sein schmales Gesicht umrahmte und seine Blässe betonte. Er nahm sein zweites Album, "The Downward Spiral", in dem Haus in L. A. auf, in dem die Manson-Familie fünf Menschen getötet (darunter Sharon Tate, Star aus "Tal der Puppen") und mit dem Blut ihrer Opfer die Wände beschrieben hatte.

 Im September baten NIN Hole, bei ihrer Tour für "The Downward Spiral" ein paar der Konzerte zu eröffnen. Beim ersten Konzert, in Cleveland, erhielt Courtney eine Morddrohung. "Der Polizeichef kam vorbei und erklärte, er wolle nicht, daß ich spiele", sagte sie. "Ich meinte: "Das stammt von einem Mädchen, es ist einfach Quatsch." Außerdem wäre es doch eine nette Fußnote zur Rock'n'Roll-Geschichte gewesen, wenn mich jemand auf der Bühne erschossen hätte."

 Trent behauptete später, Courtney sei bei diesem ersten Konzert "vollkommen bedröhnt" gewesen, ein wandelndes Desaster", und das gibt sie auch zu. Andere Zeugen der Tour zufolge hat ihn das nicht  davon abgehalten, sich an sie ranzumachen. Eines Abends lud er sie in sein Zimmer ein und sagte, er habe etwas für sie (später würde er in einem Interview mit "Details" behaupten, es sei Kräutertee für ihren Hals gewesen).

 "Ich könnte Trent locker an die Wand spielen", stellte Courtney nach der Tour fest. "Oder zuminde ebensogut abschneiden wie er. Was Männer angeht bin ich krankhaft auf Konkurrenz aus. Nine Inch Nails hatten das Licht und die Technologie; ich hatte solch Angst, daß wir total abstinken würden, aber es hat wunderbar funktioniert. Zu gut, wenn ihr mich fragt. Ich bin froh, daß es nur eine kurze Tour war. Ich hab angefangen, innerlich zu zerfallen.

 ……

 Inzwischen traf sie sich mit Trent, erst in New Orleans, dann in L. A. Dort starb ihre Beziehung einen plötzlichen, häßlichen Tod.

 Als sie zusammen im Sunset Marquis Hotel waren (oder dem "Marquis de Sunset", wie Courtney es später nennen sollte), hatten sie einen Streit. Einer Person zufolge, die für Hole arbeitete, ging es bei diesem Streit um "etwas sehr Schlimmes, das Trent getan hatte und über das Courtney nie sprechen wollte". Trent hatte das Zimmer angeblich mehrere Stunden verlassen, kam dann kurz vor der Dämmerung zurück und bezichtigte Courtney, seine Sachen durchwühlt, das Zimmer verwüstet und was sonst noch alles getan zu haben - wahrscheinlich hätte er ihr auch noch vorgeworfen, daß sie sein Lieblingskaninchen gekocht hätte.

 Sie stritten sich lautstark, und Courtney wollte gerade gehen. Was sie sah, als sie die Tür öffnete, nahm ihr alle Energie und war schlimmer als alles, was sie seit dem Anblick von Kurts Blut auf dem Gewächshausboden erlebt hatte.

 Trent hatte zwei Leibwächter vor der Zimmertür postiert - zwei "Schläger", wie Courtney sie später in ihren AOL-Botschaften nennen sollte. Nun wurde ihr klar, was Trent von ihr dachte. Er hatte sie als seinesgleichen behandelt, als Kollegin, als Freundin. Aber jetzt hatte er seine Schläger gerufen, um sie loszuwerden - genau so, wie er es angeblich mit Groupies machte.

 Sie verließ das Hotel, zog unter einem Pseudonym in ein anderes und nahm eine Schlaftablette. Als sie aufwachte, war die leere Seite des Bettes da, um sie wie ein alter Freund zu begrüßen.

 Gerüchte von ihrer Affäre waren bereits in die Medien gedrungen. Jetzt hatte "People" von der Geschichte im Sunset Marquis erfahren, nur hatte Courtney in der Version, die die Zeitschrift anführte, einen Schaden von viertausend Dollar angerichtet und Trent hatte sie verprügelt und blaue Flecken hinterlassen. Sofort erzählte Courtney ihre eigene Version der Ereignisse in AOL: "und er ist so miesmiesmiesmiesmies im Bett, und ich habe auch noch mit Blut und Schande für einen bezahlt, der so mies im Bett ist." Sie beschrieb die Szenerie Backstage bei einem typischen NIN-Konzert, behauptete, die Groupies würden her umgereicht, gedemütigt, grob behandelt und sogar vergewaltigt - oft, ohne "Ratboy" persönlich je zu Gesicht zu bekommen. Sie machte sich über seinen silbernen Porsche lustig. Als es bei ihren Konzerten zu Zwischenrufen über Trent kam, sagte sie Dinge wie "Nine Inch Nails? Sagen wir lieber Three Inch Nails."

 (Es heißt, daß eine andere bekannte Pop-Diva von Trent noch schlechter behandelt wurde. Angeblich "lernten sie sich in L. A. kennen, sie verließ ihren Freund für ihn, und sie hatte die Schlüssel zu seinem Haus in New Orleans. Eines Tages kam sie dorthin und stellte fest, daß alle Schlösser ausgetauscht worden waren. Sie rief von ihrem Autotelefon aus an, und er hatte die Nummer ändern lassen. Dann stand sie auf dem Bürgersteig und fragte sich, was zum Teufel los sei, und Trent schickte zwei Leibwächter raus, die sie wieder in ihr Auto warfen. Ich glaube, es macht ihn an, wenn er starke Frauen demütigen kann.")

 Als Courtneys Online-Aktivitäten bekannt wurden, erwiderte Trent in der Presse, diese Affäre habe es überhaupt nie gegeben. Courtney habe sich geärgert, "weil ich nichts von ihr wollte", sagte er und: "Es ist einfach nicht passiert - die Romanze des Jahrhunderts."

 Für Courtney war das ebenso ein Schlag ins Gesicht wie die Leibwächter im Sunset Marquis. Was zwischen ihnen passiert war, war häßlich genug - aber es auch noch zu leugnen? Sie verdoppelte ihre Anstrengungen im Internet, und ihre AOL-Botschaften wurden Gegenstand morbider Faszination, wie eine im Verlauf befindliche Autopsie.

 Und wie immer, wenn Aas längere Zeit im Freien liegt, zieht es die Fliegen an. Im November tauchte eine Person namens Sasha (auch bekannt als S23, Taran und unter diversen anderen Decknamen) in AOL auf und begann, sich über Courtney und jeden, der es wagte, ein freundliches Wort über sie zu äußern, herzumachen. Sasha war eloquent, boshaft und in heftiger Haßliebe zu Trent entbrannt. Sie versuchte Courtney dazu zu verleiten, mehr Einzelheiten über die Backstage-Szenen bei NIN zu veröffentlichen und erklärte, Courtney habe es ihr "versprochen". Als Courtney sich weigerte, entwickelte sich Sasha zu einer sehr engagierten Propagandistin der Verschwörungstheorie des Privatdetektivs Tim Grant.

 Eine Weile lang glaubte Courtney, Sasha sei "Crazy Amy", eine ehemalige Freundin von Trent, die sie nach dem Bruch verfolgt und so getan hatte, als wolle sie sich mit ihr anfreunden, sich dann aber damit vergnügte, alle möglichen Lügen aufzudecken, die Trent Courtney im Verlauf ihrer Beziehung erzählt hatte. Es gab auch Gerüchte, daß es sich bei Sasha um Kat Bjelland, Mary Lou Lord oder sogar um Jennifer Finch handele.

 (Im nächsten Jahr veröffentlichte Sasha eine Morddrohung gegen eine andere Person bei AOL. Es heißt auch, sie habe Courtney per E-Mail ebenfalls eine geschickt. Die Hole-Newsgroup wurde geschlossen, Sasha flog bei AOL raus, und Courtney engagierte einen Anwalt, der sie finden sollte. Dem Anwalt zu folge, der als Privatermittler arbeitete, war Sasha eine ziemlich traurige Figur: eine dicke Goth-Anhängerin Mitte Dreißig, die bei ihren Eltern in einer tristen Vorstadt San Franciscos wohnte. Sie hatte Online mit den Reisen nach Prag, Rom und Japan geprotzt, aber eine Arthrose in ihren Beinen und Füßen verhinderte, daß sie auch nur größere Strecken zu Fuß zurücklegen konnte. Sie schien vollkommen durch die Person zu leben, die sie im Internet darstellte. Sasha, oder jemand, der ihren Namen benutzt, ist immer noch im Netz aktiv, ihre bösartigen Anmerkungen finden sich in der Usenet-Gruppe alt.fan.courtney love).

 In diesem Herbst sagten Nine Inch Nails ein Konzert im Madison Square Garden ab. Im NIN-Lager hieß es, der Gitarrist habe sich an der Hand verletzt. Inoffiziell wurde laut, daß Trent abgesagt habe, weil er erfahren hätte, daß Courtney dort auftauchen würde. Sie hatte tatsächlich vorgehabt hinzugehen - zusammen mit Evan Dando, Eric und seiner neuen Freundin, der Schauspielerin Drew Barrymore. Es hieß, Trent habe befürchtet, sie werde Backstage kommen und eine Szene machen. Alle neuen Nachrichten schienen darauf zugeschnitten, sie zu verletzen, aber so langsam gewöhnte sie sich daran - jedenfalls ein bißchen. Sie fragte sich, ob es irgendetwas gab, an das sie sich nicht gewöhnen könnte.

 ….

 Kurz vor Weihnachten, als Nine Inch Nails immer noch auf Tour waren, fiel Trents geliebter Hund bei einem Konzert von einer fünfzehn Meter hohen Empore und starb. Es heißt, Courtney habe den ganzen Tag geweint, als sie davon hörte, aber sie konnte sich nicht dazu durchringen, jemandem zu sagen, was sie so verstört hatte.